Immer wenn ich in den 70er- und 80er-Jahren als Tourist im europäischen Ausland war, hatte ich ein Gefühl von Verbundenheit, basierend auf einer gemeinsamen Kultur und geteilten Werten. Man war zwar nicht zu Hause im vertrauten Umfeld, aber so richtig fremd waren einem die Einwohner der anderen Länder nicht, die Holländer, Franzosen, Dänen, Engländer und all die anderen. Damals kam mir oft der Gedanke, dass die Grenzen zwischen den Ländern Mitteleuropas irgendwie überflüssig wirkten. Ich fand, die Idee eines vereinten Europas hatte was. Um so enttäuschter bin ich heute, wenn ich sehe, was unfähige Politiker und Lobbyisten aus dieser Idee gemacht haben. Es konnte nicht gut gehen, dass man jahrelang diejenigen nach Brüssel geschickt hat, deren Karrieren hier in Deutschland ins Stocken geraten waren und die für eine professionelle Arbeit im eigenen Land einfach nicht gut genug waren. Jetzt haben wir es mit dilettierenden Entscheidungsträgern (EU-Komission) zu tun, die niemand gewählt hat. Die demokratischen, humanistischen Werte, von denen ich früher dachte, dass unsere Zukunft darauf gebaut würde, sind durch einen Turbokapitalismus ersetzt worden, der nur noch sich selbst zum Zweck hat. Der Glaube an die Segnungen dieser Amok laufenden Wirtschaftsform hat bei manchen Protagonisten schon religiöse Züge. Ich gebe trotzdem die Hoffnung nicht auf, dass eines Tages die Vernunft zurückkehrt und man sich gemeinsam darüber Gedanken macht, was für eine Zukunft wir eigentlich wollen. An deren Gestaltung müssen alle gleichberechtigt mitwirken können, auch die Kirchen. Mit betriebswirtschaftlichen Methoden allein werden sich die kommenden Probleme jedenfalls nicht lösen lassen. Mir persönlich sind Freundschaft, Liebe, Vertrauen, Humor, Kunst, Musik und Kultur wichtiger und Sinn-stiftender als Wachstum, Effizienzsteigerung und Selbst-Optimierung.
Lieber Michael, ich teile Deine Gedanken zu Europa. Ich empfinde es ähnlich. Vielleicht hätten wir weniger romantisch empfinden sondern unsere Ideen auch politisch durchsetzen sollen. Ich glaube, das fehlt unserer Generation vollständig (die guten Ideen der Jugend weiter zu verfolgen und dafür zu kämpfen).
Grüße
Alwin
Hall Alwin,
es freut mich, dass Du Dich für meinen Beitrag interessierst,
Du hast recht: Das Kämpfen hat man gern anderen überlassen und wir selbst haben es uns in einer bürgerlichen Existenz manchmal etwas zu bequem gemacht.
Nochmal Danke für Dein feedback und ganz liebeGrüße
Michael